Standort 7



EISINSEL Hans J. Wiegner

Ende des 18. Jahrhunderts traten andere Ideale an die Stelle spätbarocker Gartenarchitektur, die den Tiergarten bis dahin geformt hatte. So begann der Hofgärtner Justus Ehrenreich Sello mit der Umgestaltung der Grünflächen und nahm sich dafür englische Landschaftsparks zum Vorbild. Unter anderem inszenierte er das Grab von Jean Jacques Rousseau nach und ließ in einem der Tiergartenteiche die „Pappelinsel von Ermemonville“ errichten, auf der der Philosoph und Reformer 1778 nahe Paris begraben worden war. Der Berliner Künstler Hans J. Wiegner führt das von der Romantik inspirierte Denkmal mit weiteren symbolhaften Motiven derselben Epoche zusammen. Das Gemälde „Eismeer“ von Caspar David Friedrich mit seinen aufbrechenden Schollen, die ein Schiff zermalmen, scheint in seiner Lichtskulptur „Eisinsel“ ebenso auf wie „Die Toteninsel“ von Arnold Böcklin, dessen Bild am Ende des 19. Jahrhunderts zu einem beliebten Sujet avancierte – als Inbegriff der fragilen Existenz und ihrer Vergänglichkeit. All diese Symbole münden in der artifiziellen Landschaft, die Wiegner im Tiergarten vorgefunden und mit eigenen lichtkünstlerischen Mitteln noch einmal akzentuiert hat. Ein zeitgenössisches Memento mori auf der Basis starker Bilder, die von der Romantik geprägt und später geradezu inflationär verwendet wurden. Wiegner führt sie zurück – an einen wild romantischen Ort und auf eine treibende Acrylglasfläche, die so abstrakt wie konzentriert vom verlorenen Idyll erzählt.

Text: Christiane Meixner

Foto: Hans J. Wiegner Foto: Hans J. Wiegner Foto: Linus Lintner Foto: Hans J. Wiegner Foto: Linus Lintner Foto: Hans J. Wiegner


















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